Mende VE301W


Volksempfänger VE301W

Dieses Projekt widmet sich meinem Volksempfänger VE301W.
Ein vermutliches Fertigungsdatum, 1933, stand auf einem der verbauten Bauelemente.

Gut möglich das das Radio auch später gebaut wurde, aber die Güte der Fertigung
(Sehr sauber gelötet, volles nicht billiges Material, wertige Bauelemente von S&H)
lassent auf eines der ersten Baujahre vor dem WK2 schließen.
Später musste das Reich überall sparen, die Gerätegüte ließ nach.
Ein VE aus 1940 sah innen wirklich schon nicht mehr nach deutscher Handwerkskunst aus.

Allgemein optisch, würde ich den VE nicht sonderlich preiskrönen.
Damals wurden schon wirklich gut aussehendere Radios gebaut.
Erstaunlich mit wie wenig Aufwand das Gerät mit sicherer Funktion und Haltbarkeit, zum guten Preis, hergestellt werden konnte.
Mein Exemplar stammte aus dem Hause „MENDE“. Der Zustand 2019 war einfach klasse.

Verwendung
Warum baut man sich so ein VE, nicht ohne Aufwand, wieder auf?
Mittelwelle in Deutschland ist schon eine Weile abgeschaltet,
nur ab den Abendstunden kann noch einiges aus der Welt empfangen werden, nun?
Außerdem sind die originalen Röhren so gut wie nicht mehr in brauchbarer Güte zu bekommen.
Hier beginnt die große Arbeit, Ersatzbestückung zu besorgen und diese dann so hin zu frickeln,
das ein ausreichend guter Betrieb möglich ist.
Es gibt verschiedene Ansichten, wie weit man die Restauration hier treibt, U.a.:

Ganz schick mit Allem in den originalen Zustand versetzen,
-rein Funktional, das er Spielt, egal wie,
-als persönliche Variation mit UKW, Streaming und MP3,
-als Mischvariante, weitgehend Original belassen, neue Röhrenbestückung austauschbar, persönliche Erweiterungen.

Ich habe mich für die persönliche Mischvariante entschieden, dabei tausche ich die Röhren gegen eine Ersatzlösung aus,
wechsele die Kondensatoren gegen werksneue. Die alten Röhren könnten jederzeit eingesteckt werden und funktionieren noch,
naja grad so.
Um noch Rundfunk zu empfangen, dient ein AM-Modulator mit
MP3-Player, UKW und BT-Adapter als Zuspieler, der an den Antennenbuchsen steckt.

Hierbei kann die echte Empfängerschaltung nebst Rückkopplung noch so benutzt werden wie früher.
Man findet spielerisch einen Sender und kann eine Reichsrede noch in den akustischen Farben jener Zeit hören.

Zustand
Am Gehäuse hat er kaum Brüche, nur eine kleine Stelle an der Vorderfront. Aber das darf er haben.
Der Schallwandstoff vor dem Lautsprecher sah zunächst sehr gut aus, erwies sich später als morsch.
Er riss schon bei Angucken. 🙂
Vom Innenzustand war ich angenehm überrascht. Staubig ja, aber alles noch fast unberührt.
Ein originaler Röhrensatz ist nun auch vorhanden, besteht aus:

RGN354 (def)
RN084 (Ersatz für RES164, verbraucht)
REN904 (noch gut verwendbar).

Das Audion, REN904 ist noch das echte, mit originaler Beschriftung.
Die Kondensatoren von Siemens&Halske waren optisch in top Zustand, ebenso der Blockkondensator,
leider aber alle def.

Erster Test
Da der VE lange nicht in Betrieb war hab ich ihn nicht gleich an das Stromnetz gebracht.
Zu groß war die Gefahr, das eventuell mein originaler Röhrensatz unnötig Schaden nimmt.
Also erstmal gucken. Und hier zeigte sich, das alle Kondensatoren raus mussten.
Der Blockkondensator hat bei näherer Betrachtung eine Rußstelle nahe des 2müF-Abgriff.
Der hier liegende Drahtwiederstand 3kOhm hatte eine Brandtselle.
Die kleineren Kondensatoren wiesen durchweg falsche Werte auf. (56pF war mit 300pF, 150pF mit 3nF usw.)
Die Gerätesicherung war statt 500mA auf 2A erhöht.

Die Reperatur
Zu erst, das ist die Höflichkeit, großes Dankeschön an all die Kollegen der Brange,
ganz besonders an „Jogi“ aus

http://www.jogis-roehrenbude.de/

die im Netz ihre Erfahrungen geschrieben und auch Fehlerbilder mit Lösungen angeboten haben.
Eine Aufgabe ist ja, die Ersatzlösung der Röhren zu finden. Die Erfahrungen anderer halfen dabei.
Gebe gleich mal weiter:

RGN354, Diode 1N4007 mit Vorschaltwiederstand
RES164, ist PL95
REN904, ist PC86

Meine eigenen Erfahrungen könnt Ihr hier lesen, ich stelle sie auch jedem zur Verfügung.

Hinweis:
Wenn möglich verwendet einen Stelltrafo (besser mit Trennfunktion)
um die Netzspannung von 230V auf 220V zu bringen.

Diese Radios wurden für z.B. für 220V Netzspannung ausgelegt.
Ein Betrieb an 230V ließ bei meinem Radio die Anodenspannung auf über 400V ansteigen.
Auch die Heizspannung stiegt von 4V auf 4,6V. Für meine P-Röhren einfach zu viel. Die wollen 3,8V

Der Blockkondensator wurde als erstes leer gemacht und neu bestückt.

Hier fiel auf, das die Kondensatorwickel innen schon mal sehr heiß wurden. Sie zeigten bei den 2müF und 4müF Abbrand.
Erschwerend war, S&H hat den Block voll mit Bitumen-Vergußstoff befüllt, das Innenleben auszulösen.
Riesen Schweinerei!! Ich kannte diese Arbeit schon von einem 301GW, an dem der Block nur mit Wachs vergossen war,
also mit wenig Wärme im Wasserbad möglich. Aber Bitumen? Und dann ganz voll?
Es ging zum Schluss mit Baufön und fetten Handschuhen. …

Übrige Bauteile, alle C, Röhren der Ersatzlösung und zwei Wiederstände, gab es noch im Handel.

Nach den Kondensatoren und Wiederständen ging es dann an die Röhren.
Diese bekamen Zwischensockel auf kleinen Tischen. Die Tische sind steckbar.
Auf ihnen befinden sich auch zusätzliche Bauteile zur Anpassung der Röhren an die Schaltung.
Eine sehr schöne Beschreibung, was zur Anpassung der Röhren nötig ist, hat wie oben gesagt, Jogi
sehr schön beschrieben.

http://www.jogis-roehrenbude.de/Roehren/Umsockeln.htm

Dabei sollte das Grundgerät in der Schaltung nicht verändert werden, weil man so noch die originalen Röhren aufstecken kann.

Schwerpunkt „Brummen“
Beim VE301W ist oft das „Brummen“ ein Hauptthema.
Das war bei meinem zum Ende auch genauso. Besonders schlimm war die Empfindlichkeit der PC86.
Das „Brummen“ gleicht einem offenen Verstärkereingang wenn man den Lautstärkeregler ziemlich voll hochdreht.
Dazu kommt noch die Welligkeit aus der Einweggleichrichtung.
Ich habe das Problem sehr lange bearbeitet, einfach nicht wegbekommen.

Beim Bauen machte ich aber die Entdeckung:
mein Erdkabel hatte Gerätemasse und ich hielt es mit einem Ende in der Hand und der „Brumm“ verschwand 🙂
Aha, hier ist was nicht geschirmt. Ganz recht, die PC86!!
Im Original steckt ja eine REN904, welche einen metallischen Anstrich auf dem Glaskolben hat. Dieser wirkt schirmend und schützt die Röhre
vor Fremdfeldern.

Ich nehme also ein Stück Cu-Blech, verbunden mit der Gerätemasse und bin damit um die PC86 gewandert. An zwei Stellen nahm der Brumm unheimlich ab.
Erste Maßnahme, fertigen einer Schirmung aus Pappe und Kupferblech.
Verbunden mit Masse echt klasse. 🙂

Röhren vor der Schirmung


Sehr starkes Brummen im Bereich PC86

Röhren nach der Schirmung.
Immernoch ein Brumm, wenn man sich mit Messpitze von unten an die PC86 angepirscht.
Auch hier der Schirmversuch in schon besagter Art.

Damit konnte ich den Brumm auch an dieser Stelle, unter der PC86, wegbekommen.

Es bleib noch ein leichter Brummton 50Hz vom Netzteil, was ich aber sogar passend finde,
auch ein leichtes Rauschen war nun zu hören, was nicht stört.

Ich habe mal überlegt:
In den 1933ern gab es zwar viele Störungen durch Motoren und Schalter die sich im Rundfunk bemerkbar machten.
Aber es gab kein DECT und GSM und BT. Diese drei stören heute das Mittelwellenband und kommen über Netz wie auch Antenne und offenen Schaltungen in den Empfänger. Man muss heute also mehr schirmen.

In den 1960er haben die Planer solcher Geräte dann schön viel Schirmung an die empfindlichen Stellen gebracht.

Nach dem Innenleben kam das Gehäuse in die Wäsche. Das vollkommen leere Gehäuse ging in die Wanne, geschrubbt mit Wasser.
Der alte Schallwandstoff musste wegen seinem morschen Zustand erneuert werden.
Man bekommt ihn in verschiedenen Farben im Netz. Kostet allerdings ein wenig.
Beim Neueinkleben habe ich Silikon in Weiß verwendet.
Die neu Verklebung bleibt so noch eine Weile weich und man kann den Stoff etwas verschieben das er auch gerade sitzt.
Silikon haftet auch gut auf dem Gehäusematerial.

Um die Bedienknöpfe zu reinigen, versuchte ich zu erst Alkohol, ging auch gut, aber der Feinschliff kam auch im Wannenbad.
Die Madenschrauben habe ich getauscht weil die Schlitze schon ausgeleiert waren. Hier kamen neue Messingausführungen rein.
Um das gehäuse von aussen noch etwas aufzuwerten, wurde is mit Bienenwachs  – Möbelpolitur abgerieben.
Die Bedienknöpfe sind nur abgeölt.

Fertigstellung
Seit November 2019 ist der VE301W nun wieder für die Verwendung hergerichtet.

Letzte Messung zum Stromverbrauch:
-Netzspannung 233V
-Stromaufnahme 0,08A
-Leistungsaufnahme 14W


zum Video (kommt noch)

Erste Sendung angehört
Als Tonschnippsel habe ich gleich die Rede von Albert Einstein, zur Eröffnung der Funkausstellung 1938 in Berlin angehört.
Mit MP3-Player schon gut, aber über dieses Radio einfach wie eine Zeitreise. …

Infos zu den Röhren

RGN354 Ersatz mit Beschaltung die ich für mein Radio verwendet habe.
Die RGN habe ich nicht mehr bekommen, daher die Diode. Spannungsfestigkeit 1000V.

Legende zu den Röhrendaten

RES164

REN904

PL95

PC86

4P1L (Auch guter Ersatz für RES164)


Letzte Bearbeitung: 19.07.2021